sechsundzwanzig ist der Verlag für feministische Literatur und ein Netzwerk für schreibende Frauen. Der erste Band «Frauen erfahren Frauen» (finanziert über Crowdfunding) erschien im September 2021 und beinhaltet eine Sammlung von Texten zum Thema Frausein von 1976 bis 2021. Zu Wort kommen Stimmen aus dem ersten Frauenverlag der Schweiz (R+F) sowie zeitgenössische Autorinnen. Eine davon – Liliana Bosch – sprach mit uns über ein Anliegen des Verlags – Diversität im Verlagswesen mit der Möglichkeit einer Erweiterung der Perspektive und einer Solidaritätserfahrung. So sollen Stimmen und (Tabu)Themen les-, hör- und letztendlich erfahrbar gemacht werden. In ihrer offenen und wertfreien Art sensibilisierte sie mithilfe ihrer publizierten Elfchen für das Thema sexualisierte Gewalt.
In Michèle Minellis Roman «Kapitulation» sind fünf kunstschaffende Frauen, die einst von ihrem Können überzeugt waren, zwanzig Jahre später auf dem Boden der Realität angekommen: Sie können und sie wollen, doch sie werden in ihrem Wesen und Schaffen übersehen, verhindert oder gehen vergessen. Von den einst grossen Visionen sind nur noch Bruchstücke übrig. Als Schriftstellerin bot sie an der Lesung einen ehrlichen, aber auch kritischen Einblick ins Schweizer Verlagswesen – als erfahrene Schreib-Coachin vermittelte sie während des vierstündigen Schreibworkshops, wie mit Methoden des Kreativen Schreibens Figuren mit allen Sinnen und szenisch zum Leben erweckt werden.
Wie weit das gehen kann, zeigt sich eindrücklich andernorts – nämlich im Roman «Oder?»: Denn diese beiden Figuren – Alice und Charlie – emanzipieren sich gar so weit, dass sie die Stimme und Geschichte, die ihnen ihre Autorin Judith Keller zugedacht hat, kommentieren und ändern. Wem dies als Leser zu weit geht, findet in «Die Fragwürdigen» über 80 Kurz-, Kürzest- bzw. Einsatzgeschichten. Ungekünstelt und authentisch stellte sich Judith Keller den zahlreichen Fragen der Zuhörer/innen während und nach der Veranstaltung.
Dana Grigorcea, die schweizerisch-rumänische Schriftstellerin, hat das Publikum in ihrer Lesung zum neuen Roman «Die nicht sterben» in die Welt des Fürsten der Finsternis entführt, in eine schaurige Geschichte rund um Graf Dracula.
Noch politischer wurde es in der Lesung der Historikerin und NZZ-Journalistin Nadine A. Brügger. Ihr Roman «Helvetias Töchter» stellt acht Frauen ins Licht und erzählt acht Geschichten zum Frauenstimmrecht und zur Gleichstellung. Das ist Geschichtsunterricht durch Literatur. Die Lernenden diskutierten im Anschluss dann auch lebhaft über Fragen der Gleichberechtigung.
«Tod oder Freiheit?» – mit dieser Frage konfrontierte der deutsche Schauspieler und Theaterregisseur Daniel Kuschewski in seinem Schauspielsolo «SCHILLER!» acht Klassen und erntete erst einmal verwunderte Blicke, am Schluss jedoch tosenden Applaus. Kuschewski stand als junger Dichter Friedrich Schiller zwischen den Bankreihen und machte seinen Kampf zwischen gesellschaftlichen Zwängen und seinem Drang nach Freiheit erlebbar. Die emotionale Achterbahnfahrt kulminierte in Schillers Erkenntnis «Das Jahrhundert ist meinem Ideal nicht reif.» Schiller wollte mit seinen Theateraufführungen die Gesellschaft verändern. Ob und wie dies gelingen kann, welchen Stellenwert das Theater in der heutigen Zeit geniesst oder wie ein Theaterstück überhaupt entsteht, diese Fragen konnten die Lernenden im Anschluss an das Stück mit dem Schauspieler Daniel Kuschewski und der Theaterpädagogin Petra Fischer diskutieren.