Kurz nach Ankunft in München führte unser Weg in die Antikensammlung, die den Ruf geniesst, eine der wichtigsten Sammlungen Europas zu sein. Jene Lernenden, die sich seit vier Monaten mit der frühen Kunstgeschichte befasst hatten, konnten ihre neu erlernten Kenntnisse zur Antike anwenden. An der berühmten Exekiasschale mit ihren raffinierten Anspielungen zu homerischen Redewendungen lüfteten wir im Gespräch die faszinierende Vielschichtigkeit, welche die Künstler vor 2'500 Jahren im Athener Kerameikos an den Tag legten – noch heute ein Grund zum Staunen. Andere Vitrinen weckten die Erinnerung an vergangene Prüfungsfragen, was bei einigen Schülerinnen und Schülern ausgelassenes Gelächter provozierte.
Die Beschäftigung mit der Gedankenwelt der Antike bereitete uns bestens auf unsere Begegnung mit Cy Twombly am Sonntag vor, doch erst stand der Besuch in der Glyptothek auf dem Programm. Bei einbrechender Dunkelheit wurden wir noch ins Museum eingelassen. Wir nutzten die Gelegenheit, jene minimalen Spuren zu suchen, die von der Farbigkeit der griechischen Plastik Zeugnis ablegten. Mit einigen mitgebrachten Hintergrundfakten gelang diese Entdeckung sogar. Ein gemeinsames Essen mit unserer grossen Gruppe bot eine gute Möglichkeit, sich untereinander (besser) kennen zu lernen.
Der Samstag führte uns schliesslich in die beiden Pinakotheken, wo eine Sonderausstellung die Farbe Schwarz – Pfirsichkernschwarz, Elfenbeinschwarz, Kohlschwarz und Asphaltsüchwarz – in den Mittelpunkt stellte. Mit der Erkenntnis, dass die Farbe Schwarz im 19. Jahrhundert ganz bunt war, und mit einigen Impressionen der Werke van Goghs, Gauguins und Cézannes zogen wir weiter zu den alten Meistern, die auf genau dieses Schwarz meistens verzichteten. Wie sie das Chiaroscuro dennoch meisterten, konnten wir jetzt in einem ganz anderen Licht beurteilen.
Der Sonntag war schliesslich den Künstlern der Gegenwart gewidmet. Im Museum Brandhorst stellte eine spektakuläre Schau Cy Twomblys Werk vor. Der Kontrast zu den klassischen Vasen konnte auf den ersten Blick nicht grösser sein. Doch bald war allen klar, dass die inhaltlichen Verbindung zwischen Twomblys gestischer Malerei und der antiken Geisteswelt nicht enger sein konnte, ja gar die Grundlage für Cy Twomblys Schaffen war.
So segelte unsere Exkursion unter dem Zeichen der Antike bis hinein in aktuellste Interpretationen der Gegenwart. Nach einem letzten Streifzug durch die Pinakothek der Moderne, wo wir einige Positionen der Minimal Art und das Denken von Joseph Beuys genauer unter die Lupe nahmen, ging es am späten Abend wieder nach Hause zurück.