«Musik und Literatur zum Schreien» - der Workshop mit dem Musiker, Germanisten und Performance-Künstler Alex Riva lockte die Teilnehmenden aus der Reserve: Gedichte des tschuwaschischen Autoren Gennadij Ajgi wurden während des Workshops passend zum Inhalt der Texte in eine eindrucksvolle musikalische Komposition transferiert.
Nicht ganz so laut, aber mit Mitteln des Bühnensprechens weckte der Sprachtrainer und Bühnenschaffende Heiko Strech das Bewusstsein für das lebendige und effektvolle Darbieten von Gedichten, Reden und Sachtexten. Bestimmt können die Lernenden auch im Unterricht von diesem Workshop profitieren.
Die Dada-Bühne als Ort für die Gestaltung eigner Lautgedicht erlebten die Lernenden im Cabaret Voltaire. Während eines knapp zweistündigen Workshops entwickelten sie in der einstigen Hochburg der Dada-Bewegung einige ebenso spektakuläre wie überzeugende Performances, die jenen Hugo Balls in nichts nachstanden.
Beim diesjährigen Thema durfte auch die Welt der Theaterbühne nicht fehlen. Bereits während der Projektwoche reisten zwei Klassen nach Winterthur und kamen in den Genuss der Premiere des Stücks «Romeo und Julia auf dem Dorfe» von Gottfried Keller, inszeniert wurde es vom Theater Kanton Zürich. Kam die Aufführung etwas trocken daher, konnten die Kehlen beim anschliessenden Premieren-Apéro wieder geölt werden, so dass es sich über das Stück diskutieren liess. Dieser Austausch wurde anschliessend noch im Unterricht unter der Leitung der Theaterpädagogin des Theaters Winterthur vertieft, wobei der Inszenierung interessante Details entlockt werden konnten.
Im Sogar Theater in Zürich stand mit der Aufführung «Mensch, du hast Recht» die Allge-meine Erklärung der Menschenrechte auf der Bühne. Das Ensemble regte durch Gesang, Musik, unter anderem produziert mit Drumsticks und PET-Flaschen, und spezielles Sprechen – ob laut oder geraunt – zum Nachdenken über dieses wichtige Dokument für eine gerechtere Welt an.
Beliebt sind auch die Produktionen, welche zu uns in die Klassenzimmer kommen. Dieses Mal begab sich aber nicht Schiller an die Lagerstrasse, sondern Paul, oder doch Paula? Die Klassen waren nicht darauf vorbereitet, dass sie einer Aufführung des Stücks «Paul*» beiwohnen, sondern das Stück, welches die Bandbreite an Geschlechteridentitäten zum Thema hat, ergab sich aus dem Unterrichtsgeschehen. Die Lernenden sprachen sehr gut auf diese authentische, lebensnahe und spannende Geschichte an; die Intimität des Klassenraums liess auf jeden Fall mehr Betroffenheit zu als ein grosser Theatersaal. Im Anschluss wurde das Stück mit dem Schauspieler und der Theaterpädagogin des Theaters Kantons Zürich aufgearbeitet.
Zwei herausragende Veranstaltungen präsentierten die Schweizer Spoken Word-Künstler*innen Daniela Dill und Simon Libsig. Beide Auftritte zeigten eindrucksvoll, wie vielfältig und kraftvoll die Kunst des gesprochenen Wortes sein kann.
Daniela Dill bot dem Publikum eine Performance, in der sie drei ihrer besten Texte zum Besten gab. Mit hoher Präsenz und einer fesselnden Ausdrucksstärke trug sie die Texte «Glückspilz», «Der Backpacker» und «Tiger Tanga» vor. Besonders beeindruckend war, dass sie einen Teil ihrer Texte auswendig präsentierte, was ihrer Performance eine zusätzliche Intensität verlieh. Mit einem Video ihres Auftrittes an einem Poetry Slam von 2008 zeigte sie dem Publikum die Anfänge ihrer Karriere.
Ein weiteres Highlight der Literaturwochen war die Show des Spoken Word-Künstlers Simon Libsig. In seiner mitreissenden Performance integrierte Libsig eigene Texte in ein lockeres ‘Beratungsgespräch’ übers Schreiben an und für sich. Die Vielseitigkeit seines Vortrags beeindruckte das Publikum, das sich auf eine faszinierende Reise durch seine Gedanken und Geschichten begab. Libsigs Fähigkeit, durch Wortspiel und Rhythmus zu fesseln, machte die Veranstaltung zu einem unvergesslichen Erlebnis: Grossen Spass bereitete unter anderem ein kleines Reim-Battle im Publikum.
Der Musiktheaterpädagoge Roger Lämmli vom Opernhaus Zürich ergründete zusammen mit unseren Lernenden in spielpraktischen Workshops, warum uns die menschliche Stimme derart bewegt und uns tief zu berühren vermag. Gesungene Literatur auf der Opernbühne: ohne Mikrofon - so laut!
Die Literaturwochen abschliessend stand eine Lesung auf dem Programm. Mit Michelle Steinbeck, die mit ihrem Debüt-Roman «An Land war mein Vater ein Mann und im Wasser ein Walfisch» Bekanntheit erlangte, konnten wir eine junge Autorin gewinnen, die auf der Longlist des schweizerischen und deutschen Buchpreises aufgeführt war. Mit Auszügen aus ihrem neuesten Roman «Favorita», der im Frühjahr 2024 erscheinen wird, gab sie einen Einblick in eine bewegende, Generationen und Grenzen überschreitende Geschichte. Gleich zwei Mordfälle sollen gelöst werden in diesem Roman. Mit ihrer unkomplizierten und authentischen Art vermochte sie das Publikum in Diskussionen über ihr schriftstellerisches Schaffen einzubeziehen.